TTIP: Zug mag weg sein, aber Gleis bleibt

ROTH (stt) – Das Exportvolumen bayerischer Unternehmen lag 2016 bei 183 Milliarden Euro. Damit hat der Freistaat 15,1 Prozent der deutschen Ausfuhren getragen. 56,5 Prozent dieser Waren sind in den EU-Binnenmarkt gegangen. Lediglich 11,2 Prozent aller bayerischer Exporte sind in den USA gelandet. Tendenz rückläufig. Ist das von der EU verhandelte und vom neuen US-Präsidenten mittlerweile in Frage gestellte Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) also gar nicht so bedeutsam, wie Befürworter und vor allem Gegner behauptet hatten? Die Talkrunde im Rother CSU-Bürgerbüro unter der Moderation des Kammersteiner Landtagsabgeordneten Volker Bauer wollte darauf eine Antwort geben.

„Der Zug mag weg sein, aber das Gleis bleibt doch.“

Mit dem Wirtschaftsjuristen und Amberger Landtagsabgeordneten Dr. Harald Schwarz, Norman Blevins von der Münchner Hanns-Seidel-Stiftung und Karl Scheuerlein, Leiter der Rother Unternehmerfabrik, diskutierten in der fünften Auflage der „Rathaushofrunde“ ausschließlich TTIP-Befürworter. „Deutschland profitiert mehr vom Freihandel, als uns bewusst ist“, sagte Dr. Harald Schwartz. Karl Scheuerlein sah die Unternehmen im Landkreis als umso erfolgreicher an, je geringer der Formalismus im internationalen Handel sei. „Freihandel ist ein Entwicklungsmotor“, ergänzte Norman Blevins, hielt zugleich allerdings eine weitere Bedingung für erforderlich: „Er muss auch fair sein, also zu gleichen Bedingungen für alle ablaufen“, so Blevins.

TTIP hätte seiner Meinung nach deshalb die Chance geboten, Deutschland und die USA im Verhältnis zu China gemeinsam zu positionieren. Ein Teil der Kritik am TTIP-Prozess war für Blevins dennoch berechtigt. „Die Politiker haben es zu unsensibel kommuniziert“, so der Diplom-Informatiker. „Im weiteren Verlauf ist TTIP aber für Antiamerikanismus missbraucht worden.“

Auch Joachim von Schlenk, Rother Unternehmer und Chef des örtlichen Industrie- und Handelsgremiums, stieg in die Diskussion ein. „US-Standards sind nicht schlechter“, erklärte er. Ihre gegenseitige Anpassung hielt er insbesondere für Betriebe wie den seinen für einen Vorteil. „Das ist notwendig, sonst prüfen wir uns zu Tode“, sagte von Schlenk und schloss: „Wer für die soziale Marktwirtschaft ist, kann nicht gegen Freihandel sein, denn dabei gibt es ausschließlich Gewinner und keine Verlierer.“ Schlenks Aussage „der Zug für TTIP ist abgefahren“, deutete Blevins positiv um: „Der Zug mag weg sein, aber das Gleis bleibt doch.“ Dr. Harald Schwartz, MdL hielt die Trump-Polterei gegen Freihandel sogar für eine echte Strategie des US-Präsidenten. „Er setzt brachial Pflöcke, damit sich die anderen orientieren müssen. Damit schafft er politisches Kapital, wo zuvor keines war.“