Regelungen jenseits der Parlamente sorgen für Frust

Heideck/Allersberg (dn) Auf Bundes- und Landesebene existieren Parlamente. Abgeordnete beschließen dort Gesetze. Deren Umsetzung wird auf Verwaltungsebene in den Ministerien festgelegt. Ebenso die Umsetzung von Bundes- und EU-Recht. „So sind in den letzten Jahrzehnten unzählige Verordnungen und entscheidungslenkende Leitfäden entstanden. Von Schülerbeförderung, über durch Artenschutz ausgelösten Ausgleichs-bedarf, bis hin zu Coronamaßnahmen. Als Abgeordnete sind wir damit erst befasst, wenn Zielkonflikte auftreten oder behördliche Verordnungen dazu führen, dass sich die Menschen mit der flachen Hand ans Hirn hauen. Was mancher als Politikverdrossenheit beschreibt, müsste eigentlich Verwaltungsfrust heißen“, so der Landtagsabgeordnete des Kreises Roth Volker Bauer. Um dem bürokratischen Wildwuchs jenseits der Lebensrealität der Menschen und Wirtschaft zu begegnen, hat die Bayerische Staatsregierung den Erlangen-Höchststädter Abgeordneten Walter Nussel zum Beauftragten für Bürokratieabbau bestellt. Aufmerksam hört er bei den Terminen im Kreis Roth zu.

Nachbesserungsbedarf bei Digitalisierung und Mittelstand auf Bundesebene

Benno Schuh, Geschäftsführer von Käpple Qualitätsleister berichtet, sekundiert von IT-Berater Thomas Seßner, in Allersberg vom Frust im Mittelstand, wenn „wir 4 bis 5 Stunden pro Monat dafür aufwenden müssen Daten ans Landesamt für Statistik zu liefern, deren Sinn und Mehrwert nicht ersichtlich ist. Auch versteht niemand, warum wir Geburtsdaten und Familienstand der Mitarbeiter evaluieren sollen, wenn der Bund Änderungen bei der Pflegeversicherung beschließt. Die Daten liegen den Bundesbehörden ja vor.“ „Als Mittelstandsunion weisen wir schon lange auf diese Satire auf „digitale Verwaltung“ hin,“ so Seßner. Nussel nickt und berichtet, dass er durch „Fitness- und Praxischecks“ versucht, das Agieren der Ministerien nicht nur im Freistaat zu beeinflussen. Jüngst veröffentlichte er den „8-Punkte-Plan zum Abbau von Bürokratie und zur Deregulierung für einen zukunftsfähigen Verwaltungsvollzug in Bayern“. Außerdem regte er das Verschicken von Ausweisdokumenten durch die Bundesdruckerei an. Hunderte Stellen in Behörden gespart.

EU stellt Energiewende mit Artenschutzregelungen mitunter ein Bein

Ums Sparen ging es auch beim zweiten Bürgeranliegen in Heideck-Schlossberg; das Sparen beziehungsweise den angemessenen Gebrauch von Fläche. „Wenn wir die Greendeal-Ziele beim Zubau erneuerbarer Energien schaffen wollen, darf uns die EU aber kein Bein stellen“, fasste CSU-Bundestagsabgeordneter Ralph Edelhäußer beim Ortstermin zusammen. Mit Blick auf Freiflächen-Photovoltaik hat der Bund bereits die Weichen dafür gestellt, dass der Ausbau Erneuerbarer Energien ein überwiegendes öffentliches Interesse ist. Entlang von Autobahnen und Schienen ist Freiflächenphotovoltaik privilegiert. Jenseits dieser Korridore weisen Kommunen PV-Gebiete aus. „Im September 2020 haben wir von der Staatsregierung gefordert, Genehmigungsverfahren so zu gestalten, dass Ausgleichsmaßnahmen ohne zusätzliche Ausgleichsflächen auskommen sollen“, schildert Landtagsabgeordneter Bauer, der selbst Jahrzehnte lang im Vogelschutz aktiv war. Aufgrund der EU-Regelungen zum Artenschutz dürfe aber kein Lebensraumbedürfnis einer rote Liste Art negativ berührt sein, sonst braucht es zusätzlichen Ausgleich.

In einer Anfrage ans Umweltministerium kritisierte der CSU-Abgeordnete, dass in einem Leitfaden des Landesamts für Umwelt die Bedürfnisse der Feldlerche als mit Freiflächenphotovoltaik nicht vereinbar dargestellt werden, obwohl unterschiedliche Studienergebnisse existieren. Das führe dann dazu, dass für die Errichtung von einem Hektar Freiflächen-PV auf Grünland zusätzlich zwei Hektar Ausgleichsfläche erbracht werden sollen und ebenfalls aus der landwirtschaftlichen Nutzung herausfallen. „Das ist absolut nicht verhältnismäßig“, sind sich Bauer, Nussel und Edelhäußer einig.

Da der nahegelegene Netzeinspeisepunkt nicht ewig reserviert werden kann, kann der junge Bauherr nicht auf die Ergebnisse der neuen Studie warten. Dass das Landratsamt ihm erlaube, das zweite Hektar Ausgleichsfläche jenseits des räumlichen Zusammenhangs zu suchen, freut die bauwillige Familie, zeige jedoch auch, dass Auflage und Beeinträchtigung nicht so recht zusammenpassen wollen. „Wir werden daher nochmal einen Termin mit Vertretern der Höheren Naturschutzbehörde bei der Regierung von Mittelfranken und des Landratsamts machen, um Energiewende mit den Bürgern und angemessenen, gelingenden Artenschutz zusammen zu bringen“, verspricht Abgeordneter Bauer.