Biotope statt Steggerlaswald – durch Sandabbau!

Kreis Roth (dn) Uferschwalben fliegen über Michael Kreichauf. Mit über 500 Röhren die größte Kolonie in Franken, erklärt der stellvertretende, aktuell amtierende Bürgermeister der Marktgemeinde Thalmässing, im echten Leben Chef eines mittelständischen Erd- und Tiefbauunternehmens und eben Sandabbauer. Bereits 1998 haben sich unweit von Hilpoltstein mehrere Unternehmen zusammengetan, ergänzt Seniorchef Roland Kreichauf, um ein Raumordnungsverfahren durchzuführen. Ihr Ziel: Rohstoff-gewinnung für die Region so gestalten, dass wichtige, temporäre Lebensräume für Uferschwalbe, Eisvogel aber auch verschiedene Kröten und Molcharten entstehen. Durch engen Kontakt zum Bund Naturschutz und die Anstellung eines Beraters gelang dies.

„Im Landkreis Roth war man damit ein Stück weit Vorreiter für die in den letzten Jahren bayernweit vertraglich fixierten Kooperationen von Sand und Kies abbauenden Unternehmen mit dem Landesbund für Vogelschutz nach dem Leitgedanken „Natur auf Zeit““, unterstreicht Oliver Klauser, Vorsitzender der Fachgruppe Sand und Kies im Bayerischen Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden (BiV). Jedoch sei dies nur ein erster Schritt zur Lösung immenser Herausforderung bei der Gewinnung regionaler Rohstoffe.

Bausand ist heute genauso begehrt wie seltene Erden. Er wird nicht nur bei privaten Bauvorhaben, sondern auch bei der Errichtung und Modernisierung von Infrastruktur – von Brücke bis Krankenhaus – gebraucht. „Aber aktuell wird nur auf 0,013 Prozent der Landesfläche Sand oder Kies abgebaut; das ist nicht nur bedeutend weniger als im LEP Vorrang- und Vorbehaltsgebiete ausgewiesen sind, sondern hundertmal weniger als bald für Windkraft zur Verfügung stehen soll. Beides ist aber wichtig, wenn wir heute von Autarkie reden“, ordnet der Umweltpolitiker Volker Bauer ein.

Daher traf sich der CSU-Politiker mit Vertretern der mittelständischen Sandabbau-Unternehmen aus Mittel- und Unterfranken, um anhand zweier Abbaugebiete zu zeigen, dass CO2-arme, regionale Rohstoffgewinnung und Artenschutzarbeit sowohl beim als auch nach dem Abbau zusammengehen. Neben der Uferschwalbenkolonie bei Hilpoltstein begutachtete die Gruppe den ehemaligen Sandabbau der Georgensgmünder Firma Wurzer bei Gauchsdorf; seit 1988 ein Naturschutzgebiet. „Statt staubtrockenem Steggerlaswald existiert hier seit Jahren ein Naturschutzgebiet mit Abbruchkante und vielfältiger Flora und Fauna im und am Wasser“, zeigte sich Bauer gegenüber Geschäftsführerin Hanne Wurzer beeindruckt.

Ginge es nach den Unternehmen, könnte es solche oder andere Synergien noch öfter geben. Herrmann Reifenscheid, ehemaliger Geschäftsführer und Beiratsvorsitzender der Firma LZR aus Kitzingen, verwies auf das Potential nassverfüllter Abbaugebiete als Wasserspeicher zur Bewässerung der Landwirtschaft, während Andreas Gödel von der Firma Gilch aus Abenberg sich irritiert darüber zeigte, dass auf Mülldeponien PV-Freiflächenanlagen errichtet werden dürfen, aber vom Landratsamt Roth auf verfüllten Flächen kategorisch ausgeschlossen werden. „Wir haben mit der CSU-Landtagsfraktion 2020 gesagt: „PV-Freiflächenanlagen ohne zusätzlichen Ausgleichsbedarf bei entsprechend hochwertiger Gestaltung zum Regelfall machen“. Das muss auch auf verfüllten Flächen möglich sein, um landwirtschaftliche Flächen zu schonen“, so Bauer.

Aber nicht nur bei der Wiederverfüllung, bei der am Main mitunter Landratsämter gegen den Einbau von ZO-Material klagen oder im Kreis Roth Baustellen sich verzögern, weil die Ergebnisse der Beprobung des zu deponierenden Materials nicht vom Landratsamt rückgemeldet werden, läuft es nicht glatt, sondern – entgegen der Aussage des Umweltministeriums zu einem Antrag des Abgeordneten Volker Bauer – auch bei der Erschließung von Abbauflächen. 70.000 Tonnen Bausand müssen pro Jahr schon heute CO2-intensiv und kostentreibend aus 300 bis 400 Kilometer Entfernung in den Großraum Würzburg gefahren werden, obwohl am Main zahlreiche Vorrang- und Vorbehaltsgebiete ausgewiesen sind. „Aber es nützt die beste Zusammenarbeit mit dem LBV in Bayern und die tollsten in der Vergangenheit gestalteten Naturschutzprojekte nichts, wenn lokale Interessensgruppen versuchen das öffentliche Interesse an einer nachhaltigen, regionalen Rohstoffgewinnung in ausgewiesenen Gebieten über Jahre hinweg durch Prozesse zu torpedieren und aus den Behörden wenig Unterstützung kommt. Am Ende sind Klima und Bauherren inklusive der öffentlichen Hand die Dummen“, so Reifenscheid.

Einen bösen Willen wollen die Mittelständler auf Seiten der Genehmigungsbehörden nicht erkennen. Es mangle jedoch an einem abschließend definierten, verbindlichen Katalog von Prüfaufgaben, Gutachten etc., der insbesondere jüngeren Beamten die notwendige Sicherheit bei der Prüfung gäbe. „Wir brauchen hier eine schnellere und gleichzeitig sichere Entscheidungsfindung im Dialog mit den betroffenen Experten in den Unternehmen“, fordert Landtagsabgeordneter Volker Bauer und verspricht dies in München anzuschieben. Mit einem Antrag, der Genehmigungen in ausgewiesenen Gebieten erleichtern soll, wenn der Abbau im Sinne des LBV-Projekts „Natur auf Zeit“ vertraglich geregelt nachhaltig geschieht und mit einem Runden Tisch mit Vertretern der Umwelt-, Bau- und Wirtschaftsministerien, des BiV sowie dem Beauftragten der Staatsregierung für Bürokratieabbau Walter Nussel, MdL sollen noch in diesem Jahr Möglichkeit auf den Tisch gelegt werden, um eine regionale, nachhaltige Rohstoffgewinnung in Bayern auch weiterhin zu sichern.