LEP-Fortschreibung: „Findet im Landtag keine Mehrheit“

Kreis Roth (dn) Wer entscheidet über die Zukunft des ländlichen Raumes? Aktuell kocht die Frage im Zuge der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) erneut hoch. Das Bayerische Kabinett hatte im Dezember einen Entwurf veröffentlicht. Im März regte sich Widerstand in Reihen der Kommunalpolitiker im Freistaat. Von Entmündigung spricht der Bayerische Gemeindetag. Über Parteigrenzen und Gemeindegrößen hinweg hatten sich dieser Kritik auch die Bürgermeister im Kreis Roth angeschlossen. Da der Entwurf schlussendlich durch den Landtag muss, versucht der Abgeordnete des Kreises Roth Volker Bauer die Gemüter zu beruhigen.

Bauer, selbst seit 26 Jahren Mitglied des Kammersteiner Gemeinderats, betont, dass parteiübergreifend die meisten seiner Landtagskollegen auch in kommunalen Gremien verwurzelt seien. „Eine Entscheidung, die die kommunale Selbstverwaltung aushöhlt, findet im Landtag keine Mehrheit, auch wenn manche Oppositionspartei vielleicht eine seltsame Vorliebe für ideologisch bedingte Bevormundung hat“, so Bauer.

Der CSU-Kreisvorsitzende vertritt zwar die Ansicht, dass sich „schnelles Wachstum nicht für jede dörfliche Gemeinschaft immer als segensreich erweist“, ergänzt jedoch: „Das heißt aber nicht, dass wir den ländlichen Raum stilllegen sollten. Das heißt, dass die Entscheidung darüber, wo und in welchem Umfang gebaut werden soll, in die Hände derer gehört, die es vor Ort betrifft. Die Entscheidung gehört in die Hand der Gemeinde- und Stadträte, nicht in behördliche Amtsstuben! Das gilt für Windkraft. Und das gilt für Baugebiete!“ Anders als die Repräsentanten des Gemeindetags will Bauer den CSU- und FW-Mitgliedern im Bayerischen Kabinett jedoch keine böse Absicht unterstellen.

Ungeachtet der Fachdiskussion darüber, welche Bindewirkung der LEP und enthaltene, vorgeschlagene soll-Formulierungen entfalten – etwa zur Ausweisung größerer Siedlungsflächen „überwiegend an Standorten, an denen ein räumlich gebündeltes Angebot an öffentlichen und privaten Dienstleistungs-, Versorgungs- und Infrastruktureinrichtungen in fußläufiger Erreichbarkeit vorhanden ist oder geschaffen wird“ – vermutet Bauer: „den Kabinettsmitgliedern scheint schlichtweg nicht bewusst gewesen zu sein, wie tief die zur Diskussion stehenden Punkte das Selbstverständnis des ländlichen Raumes betreffen.“ Entscheidungszentralisierung und ein Übermaß an Planung über die Köpfe der Menschen hinweg seien in Bayern noch nie gut angekommen.

„Eigentlich sollte man meinen, mit den Konflikten der Gebietsreform habe man sich vom Glauben an das Primat der Planung verabschiedet. Die Antrittsrede unseres Ministerpräsidenten beim Aschermittwoch der CSU 2018 hat bei mir diesen Eindruck jedenfalls bestärkt“, erinnert sich Bauer und zitiert mit Blick auf seit Jahren explodierende Bau(land)preise und Hochhausdiskussionen in München Söders Rede: „Wenn wir entscheiden, dass im ländlichen Raum die Bürgermeister und Bürger nicht mehr entscheiden können, ob sie mal eine Stelle mehr oder weniger bebauen, dann kann ich euch jetzt schon sagen, dass Bauen entweder teurer wird oder höher werden wird […] in einer Behörde pro Einzelfall entscheiden, ob in der Gemeinde ein halber Hektar bebaut werden darf oder in jener […] das ist doch nicht unser Verständnis von Kommunalpolitik und von Heimatpolitik. Dass am Ende eine Zentrale entscheidet, was in den Gemeinden stattfindet, lehnen wir ab.“ Zumindest im Kreise der CSU-Landtagsfraktion habe sich an dieser Erkenntnis nichts geändert, auch wenn der durch Verwaltungsbeamte erarbeitete Entwurf zur LEP-Fortschreibung „das nicht in allen Punkten abbildet und daher definitiv noch der Korrektur bedarf.“

Bauers lediglich punktuelle Kritik rührt auch daher, dass er im Entwurf durchaus positive Ansätze erkennt. So sei hinsichtlich des angestrebten Infrastrukturausbaus von einer frühzeitigen Berücksichtigung der Anbindung an eine „leistungsfähige“ digitale Infrastruktur im Rahmen von Planungsprozessen die Rede – und vom weiteren Ausbau eines „flächendeckenden und leistungsfähigen Mobilfunknetzes“. Das ÖPNV-Angebot im ländlichen Raum soll nicht nur umweltfreundlicher, sondern vor allem erweitert und Grundschulen im ländlichen Raum auch bei rückläufigen Schülerzahlen erhalten bleiben. Ebenfalls begrüßt der Handwerksmeister Bauer die Zielsetzung, dass im ländlichen Raum generell weiterhin Unternehmensansiedlungen und -gründungen unterstützt werden sollen, um mit einem Angebot qualifizierter Arbeitsplätze Menschen eine Erwerbsperspektive in ihrer Heimat zu bieten. Ein wichtiger Punkt im Auspendlerlandkreis Roth! Auch der Verweis darauf, dass die Gewinnung dezentral erzeugter, regenerativer Energie und die Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe im ländlichen Raum und „regionaltypischer Tourismus“ gestärkt werden sollen, begrüßt der Abgeordnete des Wald- und Seenland-Landkreises.

Energiepolitisch findet sich sogar eine der Formulierungen aus Bauers Energiepapier „Klima. Nachhaltigkeit. Energie. Bayern“ (2019) im LEP-Entwurf: Fotovoltaik über Ackerflächen soll „an geeigneten Standorten“ umgesetzt werden. „Und eine aktuelle Vision für den Kreis Roth bei der Wassernutzung würde durch die Zielsetzung „auf einen nachhaltigen Ausbau der Wasserkraft als Speicher“ leichter umsetzbar“, deutet Bauer ein zweites größeres „Wasserziel“ neben dem mit 40 Millionen Euro geförderten Wasserverband Spalter Hügelland an.