Sabotage und wertvoller Menschenschutz

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Lkr. Roth (dn) Eurofighter und Helikopter rauschten über Volker Bauer, MdL und die 20 staunenden Exkursionsteilnehmern aus dem Landkreis Roth hinweg – aber nur virtuell, auf den mit 90.000 Kacheln bedeckten 2.200m² der weltweit einmaligen Zielsimulationsanlage, dem sog. „Dom“ auf dem Kalvarienberg bei Greding. Wie es dazu kam? Der Landtagsabgeordnete hatte zur zweiten Fahrt zu „Sicherheit und Lasten der Vergangenheit“ eingeladen.

„Wir hoffen, dass wir sie niemals einsetzen müssen.
Wenn wir dazu gezwungen sein sollten, muss sie allerdings funktionieren“

Beim ersten Stopp in Greding informierte sich die Delegation bei der Wehrtechnischen Dienststelle 81 (WTD81) über Sicherheit im Zeitalter elektronischer Kampfführung. Seit 1966 arbeitet die, dem Bundesministerium für Verteidigung genauer gesagt dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) unterstellte Dienststelle mit aktuell rund 270 Mitarbeitern auf dem Kalvarienberg. Die WTD 81, so LTRDir Norbert Förtsch spiele eine wichtige Schlüsselrolle bei der integrierten Nachweisführung von Waffensystemen der Bundeswehr, insbesondere in den Bereichen der Informationsübertragung, -verarbeitung und -gewinnung,. Das Verhältnis zur Stadt und zum Landkreis ist sehr gut. Über die Hälfte der ca. 270 Beschäftigten haben eine akademische Ausbildung und leben unmittelbar in Greding. Die Dienststelle ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Landkreis. Im Rahmen von multinationalen Programmen finden viermal im Jahr auf dem Kalvarienberg internationale Veranstaltungen mit 27 Nationen statt. Die Teilnehmer sind in Greding herzlich willkommen und gern gesehene Gäste.. TRDir Eckehard Gatzke, lobte in diesem Zusammenhang die Bevölkerung: „Selbst ich als Preuße wurde hier herzlich integriert.“ Weniger optimistisch war der Verantwortliche für Navigations-technik im Hinblick auf die weltweite Softwareentwicklung. „Es wird eingeschätzt, daß gegenwärtig genau so viel Schad- wie Nutzsoftware entwickelt wird. Das macht deutlich, warum wir eine Bundeswehrdienststelle brauchen, die sich unter anderem mit IT-Sicherheit und sicherer Kommunikationbefasst.“ Was in diesem Zusammenhang möglich ist, schilderte Gatzke den staunenden Gästen. Besonders in Krisen- und Kriegsszenarien, in der Terrorszene, aber auch bei den Schleusern von Flüchtlingen werden Beeinflussungen der Satellitennavigationsempfänger, zusammengefasst unter dem Begriff „Navigation Warfare“, angewandt. . Auch die Weiterentwicklung der elektronischen Störung von Suchköpfen sei wichtig, um bei einem Angriff durch Lenkflugkörper diese ableiten zu können.

In Greding wird aber nicht nur entwickelt und gestört, sondern auch getestet und geprüft. Waffensystemen und einzelnen Komponenten vom Panzer bis zum Suchkopf können im „Dom“ mittels Hardware-in-The-Loop-Simulation (HWIL) auf ihre Zielgenauigkeit überprüft werden. Diese Art der Untersuchung biete einige Vorteile, so TRDir Gottfried Seemann. „Wir verschießen keine Munition. Damit sind die Tests, statistisch wertvoll, wiederholbar, schonen die Umwelt und sind deutlich günstiger.“ Neben Zielsystemen wird in einer der größten Absorberhallen Europas die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten und Systemen bis zu kompletten Plattformen geprüft. „Auf Plattformebene prüfen wir vor allem militärische Landfahrzeuge. Dabei wird einerseits die Störempfindlichkeit untersucht, um sicher zu stellen, dass ein ungestörter Betrieb erfolgen kann. Andererseits wird auch untersucht, ob die Emissionen des Prüflings andere Systeme negativ beeinflussen können“, so der Leiter des Geschäftsfeldes für elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) an der WTD 81 TRDir Walter Huber. Neben Waffensystemen und anderen militärischen Geräten können in Greding auch zivile Geräte getestet werden.

Die Gruppe um Volker Bauer, MdL ließ sich die Funktionsweise moderner Zünder an einer Bombe des Eurofighters erläutern. „Wir hoffen, dass wir sie niemals einsetzen müssen. Wenn wir dazu gezwungen sein sollten, muss sie allerdings funktionieren“, so der verantwortliche Prüfer der Bundeswehr.

Mit Waffen, genauer gesagt Bomben, die im 2. Weltkrieg eingesetzt wurden, aber nicht funktionierten, befasste sich die Gruppe beim Kampfmittel-beseitigungsdienst am Nachmittag im Fort Prinz Karl bei Kösching. Dort befindet sich eine der Betriebsstätten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes, der vom Bayer. Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vorgehalten wird. Mit der Kampfmittelbeseitigung für den Freistaat Bayern ist seit 2001 die Firma Tauber beauftragt, die schon seit 1964  mit heute 300 Mitarbeitern Generalanbieter von Leistungen in der Kampfmittelbeseitigung ist (Luftbildauswertung, Ortung, Bergung, Transport und Vernichtung von Kampfmitteln wie Granaten, Minen, Bomben und  Kampfstoffen).

Für den dortigen Kampfmittelbeseitigungsdienst unterhält sie eine eigene Betriebseinheit mit aktuell 12 Mitarbeitern. Nach Einschätzung des Betriebsleiters Dr. Andreas Heil sind die Lasten des zweiten Weltkrieges noch lange nicht geborgen. „Wir werden es nicht erleben, dass das letzte Kampfmittel in Deutschland geborgen wird“, so Heil. Die Branche sei daher auf der Suche nach Nachwuchskräften. Der erfahrene Kampfmittelräumer Josef Beier warb für seine Profession. „Hier ist jeder Tag anders und ich trage jeden Tag Verantwortung.“ Mit didaktischem Feingefühl aber auch schockierenden Bildern führte Beier der Rother Gruppe vor, was er in den vergangenen 35 Jahren, etwa auf Baustellen in Nürnberg, München, Regensburg und Würzburg geborgen, hatte.

Zum Abschluss demonstrierten seine Kollegen, welche Wirkung schon 1 Gramm Sprengstoff entfalten kann. „Vielen ist gar nicht bewusst, wie wertvoll die Arbeit der Kampfmittelräumer zum Schutz der Menschen ist und wo der Freistaat Bayern überall Geld ausgibt, um Sicherheit zu gewährleisten“, unterstrich Volker Bauer. Mit Blick auf einen Container mit den Überresten unschädlich gemachter Bomben fügte er hinzu: „Diese unheilvollen Hinterlassenschaften sollten uns Mahnung sein, dass Sicherheit vielschichtig ist und der Wert von Frieden gar nicht hoch genug angesetzt werden kann.“