Überraschung und Optimismus

Roth/München (dn) Naturschutz, Landwirtschaft und die Gesellschaft zu versöhnen ist das ambitionierte Ziel, dem sich die Bayerische Staatsregierung seit Anfang des Jahres verschrieben hat; gezwungen durch das erfolgreiche Bürgerbegehren „Rettet die Bienen“. „Auch wenn der Freistaat Bayern das Land in Deutschland beziehungsweise Europa ist, das am meisten in Naturschutz investiert – 1,8 Millionen Menschen, die mit ihrer Unterschrift gesagt haben „es muss mehr getan werden“ sind zu berücksichtigen“, kommentiert der CSU-Landtagsabgeordnete Volker Bauer.

Wie viele Fraktionskollegen hatte sich der Umweltpolitiker aus dem ländlich geprägten Landkreis Roth zwar auf längere Beratungen des Runden Tisches Artenschutz, an dem die Staatsregierung eine Vielzahl an Verbänden – vom Landesbund für Vogelschutz bis zum Bauernverband – nach dem Vorbild von Bauers „Verbändegesprächen Artenschutz“ aus dem Jahr 2017 versammelt hatte, eingestellt. „Dass sich die Regierung entschlossen hat, die Intention des Bürgerbegehrens nicht in einem Alternativentwurf aufzunehmen, sondern sie wörtlich zu übernehmen ist jedoch in Ordnung“, bilanziert Bauer und ergänzt, „weil dort, wo durch das Bürgerbegehren Forderungen und Belastungen verkürzend-einseitig vorgebracht wurden, ein Begleitgesetz verbessernd angefügt werden soll.“ Die genaue Ausgestaltung des Begleitgesetzes ist noch unklar. Fest steht bislang nur, dass alle, auf der Grundlage der Vorschläge des Runden Tisches Artenschutz erarbeitete Maßnahmen, inklusive 100 neuer Stellen, künftig bis zu 75 Millionen Euro jährlich kosten können. Die Bandbreite reicht dabei von der Stärkung des Ökolandbaus, über eine bessere Unterstützung von Jungbauern bis zur stärken Berücksichtigung von Natur und Landwirtschaft in Unterricht und Bildung, wie von den Landfrauen gefordert.

Dieses Fach Alltagskompetenz, so betont der Kreisobmann des Bauernverbandes Roth Thomas Schmidt sei auch der bisher einzige Punkt, an dem die heimischen Landwirte, dem „sehr überraschend schnellen Beschluss“ zustimmen können. Die Erzeuger stehen dem Vorgehen dabei nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. „Es ist wichtig bald konkrete Maßnahmen des Begleitgesetzes zu benennen“, zeigt sich Schmidt gespannt, fügt jedoch durchaus skeptisch hinzu: „denn das Begleitgesetz ist bisher eben eine Wundertüte, wo man nicht weiß was drinsteckt. Wenn es am Ende dazu führt, dass wir beispielsweise Wiesen pflegen sollen, aber durch nicht zu Ende diskutierte Vorgaben diese Pflege nicht leisten können, weil Schnee oder Hochwasser ein Walzen vor dem 15. März nicht zulässt, hat die Natur nichts gewonnen.“ Schmidt versicherte deshalb, sich mit dem BBV beratend in die weitere Ausarbeitung einzubringen. Wichtig ist es vor allem, einen wirklichen Gesellschaftsvertrag daraus zu entwickeln, der Maßnahmen für alle Bevölkerungsgruppen und die Kommunen beinhaltet. „Artenschutz geht alle an“ so Thomas Schmidt.

Im Zusammenhang mit der Erarbeitung will auch der CSU-Politiker Volker Bauer einige, in den letzten Jahren eingebrachte, Anträge nochmals zur Sprache bringen und erklärt: „Wir haben seit 2013 im Landtag vieles im Bereich Naturschutz erörtert und manches auf den Weg gebracht, was jetzt breit diskutiert wird. Die CSU hat ihre „grünen Punkte“ durchaus gepflegt, aber eben nicht so öffentlich zelebriert, wie die Grünen.“ Exemplarisch führt Bauer aus, dass die Anlage von Blühflächen entlang von Staatsstraßen und Autobahnen nicht „jetzt vom Umweltminister erfunden wurde“, sondern bereits 2015 auf Bauers Antrag angedacht wurde. Und auch vor Ort habe er an die Bürgermeister mit Blick auf kommunale Ökokonten appelliert, sich für den Erhalt historischer Streuobstwiesen einzusetzen.

Jenseits der genauen Ausgestaltung des Begleitgesetzes betont Bauer, dass es vor allem der Versöhnungsaspekt der verschiedenen Gruppen wichtig sei. „Wir können vielleicht Nahrungsmittel im- oder exportieren, aber nicht die Gemeinwohlleistung Artenschutz. Aber wenn wir nicht nur Vorbild sein wollen, sondern effektive Verbesserung unser Ziel ist, müssen wir es schaffen, auch dieses Denken zu exportieren. Das geht nicht – wie es die Grünen jetzt im Europawahlkampf versuchen, durch „Vorschrift von oben“. Wir müssen stattdessen in gesellschaftlicher Zusammenarbeit so erfolgreich sein, dass andere uns als Vorbild erkennen, so wie es vor Jahrzehnten mit der mittlerweile als „typisch deutsch“ empfundenen Mülltrennung der Fall war“, so Bauer.

Der Kammersteiner empfindet es daher als richtig, dass neben Staat und Landwirten auch die „drei großen Ks“ – Kommunen, Kirchen und Konsumenten – zum Erfolg beitragen sollen. „Das fängt bei der Gestaltung von Freiflächen an und hört bei Bewusstsein und Zahlungsbereitschaft für hochwertige, ökologisch erzeugte Nahrungsmittel auf. Die Deutschen geben in der EU prozentual am fünftwenigsten für Nahrungsmittel aus, lediglich 10,6 Prozent ihrer Konsumausgaben. In Frankreich sind es 13,2 Prozent; in manchen ärmeren EU-Staaten sogar über 20 Prozent. Eigentlich könnten wir es uns leisten. Das darf Politik aber nicht vorschreiben, sondern die Verbraucher müssen gegebenenfalls lieb gewonnene Gewohnheiten aus eigener Erkenntnis umzustellen, auch wenn das schwerer fällt, als ein Kreuz zu machen“, so der CSU-Politiker. „Aber auch hier sollten wir versöhnend wirken; versöhnend zwischen dem Anspruch, den wir an andere und den Staat stellen und unserem eigenen Verhalten. Dann haben wir Landwirte die geachtete, gut ausgebildete Naturschützer und verantwortungsvoll handelnde, heimische Produzenten von durch uns geschätzten Nahrungsmitteln sind. Dann klappt’s nachhaltig, Bienen und Bauern zu schützen“, zeigt sich Bauer optimistisch.