„Wichtig ist, dass es einer macht“

Der Öffentliche Personennahverkehr treibt die Politik um. Von Städten und Gemeinden bis hinauf zur Bundesregierung ist man sich parteiübergreifend einig: überlastete Zentren und CO2-Bilanzen mahnen zu mehr ÖPNV-Nutzung. Und hier beginnt oft das Problem. Ein attraktives ÖPNV-Angebot zieht neben einmalig hohen Investitionen auch teure Wartungs- und Personalkosten nach sich. Das Bauunternehmen Bögl aus Neumarkt hat sich bereits vor einigen Jahren konzeptionell dem Problem angenommen.
Besuch auf der TSB-Regelbetrieb-Teststrecke
Herausgekommen ist das „TSB“, das Transportsystem Bögl. „Wir waren beim Fahrwegebau bereits beim Transrapid beteiligt und haben uns überlegt: Geht das eigentlich auch einfacher, wartungsfreundlicher, eher auf die Bedürfnisse des Nahverkehrs zugeschnitten?“, erklärte Ing. Stefan Geiger Mitte Mai einer Besuchergruppe um CSU-Landtagsabgeordneten Volker Bauer aus dem benachbarten Landkreis Roth auf der Regelbetrieb-Teststrecke in Sengenthal.
Nur ein kurzes Summen. Unmerklich heben Magneten im Fahrzeug die Bahn samt Besuchern um acht Millimeter von der Schiene am unteren Rand des wie ein U mit umgebogenen Enden geformten Fahrwegs. Auch wenn sie druckvoll aber nahezu lautlos mit bis zu 80km/h die kurven- und steigungsreiche Teststrecke entlangfährt. „Bis zu 150km/h wären hier möglich. Auf geraden Strecken noch mehr. Bei noch höheren Geschwindigkeiten bräuchte es aus Effizienzgründen ein anderes E-Motor-Design. Aber das ist für unseren Zielmarkt nicht relevant“, so Ing. Geiger auf Nachfrage durch die stv. Burgstadtbürgermeisterin Ulla Dietzel.
Autonomes System besizt Vorteile bei Verschleiß, Sicherheit und Platzbedarf
Das heute im Bereich der Zukunftsthemen „Wohnen, Energiewende und (modulares) Bauen“ breit aufgestellte Traditionsunternehmen hat die kommunale Ebene und Strecken zwischen drei und fünfzig Kilometer im Blick. Die Investitionskosten von rund zwanzig Millionen Euro je Kilometer sind mit dem Straßenbahnbau vergleichbar. Das TSB fährt allerdings autonom. Das spart Personalkosten. Und es fährt ohne Räder. Der Verschleiß fällt deutlich geringer aus. Das System kann – beispielsweise auf Mittelspuren – platzsparend aufgeständert oder ebenerdig geführt werden. Durch kreuzungsfreie Führung auf einer Spur und das umfasste Magnetsystem sind Kollisionen und Entgleisen ausgeschlossen. Selbst bei einem Ausfall aller elektronischen Hebekomponenten eines Bahnsegments würde dieses, für die Insassen nicht merklich, um 8mm absinken und von anderen Wageneinheiten bis zur nächsten Wartungsstelle geschoben werden.
Nach negativer Studie in Langwasser: Anbindung von Wendelstein und Gewerbegebiet via TSB denkbar?
Mehrere Städte prüfen aktuell in Machbarkeitsstudien die Umsetzung des TSB sowohl im Bereich des Personennahverkehrs als auch als alternative zum LKW-Verkehr, etwa zwischen Hafen und Terminals im Hinterland. 40-Fuß-Container mit bis zu 32 Tonnen je Segment stellen für das schnell taktbare TSB kein Problem dar, erläuterte Geiger auf Nachfrage des Vorsitzenden der CSU-Fraktion im Rother Kreistag Michael Kreichauf. Da die Nürnberger Studie eine angedachte Trassenführung durch Langwasser angesichts bestehender Anbindung für verzichtbar erachtet, regte Volker Bauer eine potentiell GVFG-förderfähige Verlängerung der U1 via TSB über das Gewerbegebiet Nürnberg-Feucht nach Wendelstein an. „Wichtig ist, dass jemand es mal in Deutschland macht. Beim Demonstrator in Hamburg hat ein entschlossen agierender Landrat entscheidend angeschoben“, unterstrich Geiger.
Zulassung zementreduzierter Betonmischungen böte Potential für große CO2-Einsparungen
Außerdem gab der Firmenvertreter dem CSU-Landtagsabgeordneten noch einen Denkanstoß mit auf den Weg. Anders als in China, wo Bögl auch in einem Magnetbahn-Jointventure aktiv ist, bremse hierzulande die Genehmigungspraxis innovativer Baustoffe die Klimazielerreichung im Bausektor aus. So seien zementreduzierte Betonmischungen wie Novocrete mit fünfzig Prozent reduzierten CO2-Emissionen in Bayern bislang nicht zugelassen. „Ich habe schon Anträge zur Zulassung von Recyclingbaustoffen geschrieben. Das wirkt sich auf die Bilanz ebenfalls positiv aus. Meine letzten Erfahrungen bei der Förderung von aus Umweltgesichtspunkten förderlichen Baustoffen stimmen mich aber nur bedingt optimistisch“, nahm Bauer den Ball vorsichtig auf.